Der Einsatz privater
Sicherheitsdienstleister auf Handelsschiffen ist insbesondere in Deutschland
ein Politikum. Nicht ohne Grund ging der Änderung des §31 GewO, der seit März
2013 den Einsatz von bewaffnetem Sicherheitspersonal auf Schiffen reguliert,
eine langwierige Diskussion voraus. In der Praxis, stellt sich die Frage nach
der Geeignetheit des Mittels allerdings längst nicht mehr. Bewaffneter Begleitschutz
für Handelsschiffe durch die sogenannten „High Risk Areas“ – also solche
Seeverkehrswege, die besonders durch Piraterie bedroht sind – gehört längst zur
Normalität auch für deutsche Reedereien. Das ist gleich in doppelter Hinsicht
bedenklich.
Lange haben Reedereien
nach staatlichem Schutz vor Piraterie gerufen, doch lediglich die Niederlande
waren bereit ihren Forderungen nachzukommen. Die Holländer beschützen ihre
Handelsmarine (insoweit sie in den Niederlanden geflaggt ist) mit 50
sogenannten Vessel Protection Detachments.
Die deutsche Antwort
besteht in einem Zertifikat für private Sicherheitsdienste auf Seeschiffen,
welches vom BAFA und der Bundespolizei auszustellen ist. Das deutsche Gesetz gilt jedoch nur für den,
der unter deutscher Flagge fährt, das heißt für ca. 400 der knapp 3.800 Schiffe
der deutschen Handelsmarine. Dass nationalen Lösungen speziell im Fall der
maritimen Sicherheit schlicht die nötige Reichweite fehlt, machen beide
Beispiele deutlich. Nötig wäre eine internationale Einigung. Denn wer in
internationalen Gewässern mit welcher Bewaffnung unterwegs ist, ist kein triviales
Problem. Dies macht auch der Fall der im Oktober 2013 von Indien aufgebrachten
MV Seaman Guard Ohio deutlich, die mit einem internationalen Söldnerkommando
und 5.000 Schuss Munition beladen, 30 Tage unter anderem vor einem Atomkraftwerk
in Tuticorin kreuzte. Die Inder
reagieren nicht zuletzt wegen eines Vorfalls im Vorjahr, bei dem zwei Fischer
von privaten Sicherheitsleuten erschossen wurden, empfindlich auf die
Anwesenheit bewaffneter Privatpersonen in
und vor ihren Hoheitsgewässern.
Die Crew der MV Seaman Guard Ohio gehört zum US- amerikanischen Sicherheitsdienst AvanFort und wurde im Oktober 2013 in indischen Hoheitsgewässern festgenommen. [Quelle: PTI] |
Der Vorfall führt
direkt zum zweiten Problem, das mit dem Tätigwerden privater Sicherheitsdienste
einhergeht: Jedenfalls dort wo die Guards an und von Bord gehen passieren
Waffen das Hoheitsgebiet eines oder mehrerer Staaten, gleiches gilt bei der
Einfahrt in Häfen und der Passage fremder Hoheitsgewässer. Da hiermit oft der
Tatbestand des Waffenschmuggels erfüllt wird, hat sich die fragwürdige Praxis
entwickelt, die Bewaffnung oder das gesamte Sicherheitsteam außerhalb der 12-sm-Zone an sogenannte Floating Armories zu übergeben und bei der Ausfahrt ggf.
wieder einzusammeln. In Konsequenz liegen in internationalen Gewässern – unter anderem im Indischen Ozean, im Roten Meer, im Golf von Aden – insgesamt ca. 20 mit Waffen
beladene Schiffe, die von keiner angrenzenden Hoheitsgewalt überwacht werden
können. Die vorsichtig ausgedrückte Expertenmeinung hierzu
lautet „some armouries are effective and some are not“ (Peter Cook, Security
Association for the Maritime Industry).
Es
brauch nicht viel Phantasie, um sich auszumalen welche Gefahren von den weniger
effektiven Waffenkammern ausgehen. Insbesondere in den instabilen Regionen, die
den Nährboden für Kriminalität und Piraterie bilden, besteht die Gefahr, dass
sie genau das Problem verschärfen, welches sie lösen sollen: Piraterie. Die
Befürchtungen reichen jedoch noch weit darüber hinaus. So bieten die
schwimmenden und kaum bis gar nicht regulierten und kontrollierten Waffenkammern
ideale Bedingungen für illegalen Waffenhandel.
Bereits in ihrem Bericht von 2011 spricht die Monitoring Group on Somalia and Eritrea gegenüber dem Sicherheitsrat ihre Besorgnis über die Praxis aus:
“The absence of control and inspection of armed activities inevitably creates opportunities for illegality and abuse, and increases the risk that the maritime security industry will be exploited by unscrupulous and criminal actors, eventually coming to represent a threat to regional peace and security, rather than part of the solution.” (S. 24)
Wer beim Schutz seiner
Handelsmarine wie Deutschland auf die Selbsthilfefähigkeit der Reedereien –
mithin also auf die Privatisierung durch Sicherheitsdienstleister – setzt, sollte
sich über alle Seiten des damit eingegangenen Handels bewusst sein. Reedereien
und private Anbieter handeln auf Basis wirtschaftlicher Erwägungen. Aus
ökonomischer Perspektive, sind Floating Armories eine optimale Lösung: Die Kosten
für die Verwahrung sind geringer als unter staatlicher Aufsicht in den Häfen
oder gar das Versenken der Waffen vor der 12-sm-Zone. Außerdem entfällt eine
Menge aufwendiger und komplizierter Papierkram. Sicherheitspolitisch betrachtet
kann es jedoch in niemandes Interesse sein, einen solchen effektiv rechtsfreien
Raum für Waffen am Leben zu erhalten. Das heißt, dass schnellstens eine lückenlose
internationale Regulierung für die Sicherung der Handelsschifffahrt gefunden
werden muss. Jedenfalls muss dabei eine Kontrolle für maritime private
Sicherheitsdienstleistungen erreicht werden, die mindestens Dienstleistungen
wie Floating Armories unter effektive Aufsicht stellt.
Simone Ludewig ist Studentin im Fach "Internationale Politik und
Internationales Recht" an der
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
Ihre Forschungsschwerpunkte sind Theorien des Internationalen Rechts und Themen
des europäischen Menschenrechtsschutzes.
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