![]() |
Sichere Seewege für freien Warenverkehr. Ein politisches Ziel aller erster Kajüte. Photo: Rick Tomlinson / Team SCA |
Der Deutsche Bundestag hat im Mai diesen
Jahres die Deutsche Beteiligung an der EUNAVFOR Mission „ATALANTA“ um ein
weiteres Jahr bis Mai 2015 verlängert. Zwar ist diese Nachricht nicht neu,
dennoch gibt es einen konkreten Anlass, sich mit dem Status, der Wirksamkeit und der
Relevanz der Mission auseinander zu setzen.
Das
Volvo Ocean Race ist eine der hochkarätigsten Veranstaltungen im
professionellen (Segel)Sport. Auch wenn missbräuchlicher Umgang mit
Superlativen häufig in eine Umkehrung des eigentlich anvisierten
kommunikativen Akts resultiert, ist die Verwendung des Wortes "hochkarätig" an dieser Stelle durchaus
angebracht: Sieben international besetzte Teams, finanziert durch transnational
agierende Großkonzerne mit Budgets im zweistelligen Millionenbereich liefern
sich einen neumonatigen Sprint um die Welt, mit den Ozeanen als ihre
Rennstrecke. Die Crews werden während des Rennens eine Strecke von über 39.000
Seemeilen [über 72.000 KM] bewältigen, mit Etappenzielen in elf Staaten auf vier Kontinenten. Das Volvo Ocean Race ist damit in gewisser Weise die segelsportliche Manifestation einer globalisierten Welt.
Leichte Beute für Piraten
Am vergangenen Donnerstag, dem 19.11.2014, ist die zweite
Etappe des Volvo Ocean Race gestartet worden. Sie führt die Yachten von Kapstadt am Kap der Guten Hoffnung vorbei nach Abu Dhabi, Vereinigte Arabische Emirate. Die Teams segeln damit durch exakt diejenigen Gewässer, in denen die EUNAVFOR Operation "ATALANTA" der internationalen Handelsschifffahrt sicheres Geleit ermöglicht. Und sie müssen die Straße von Hormus passieren, die auf Grund des immensen Warenvolumens als besonders gefährdeter, sog. "Choke Point" gilt. Käme hier die Schifffahrt zum Erliegen, wäre die gesamte Weltwirtschaft empfindlich getroffen.
Es
ist nach dem Rennen 2011/2012 das zweite Mal, dass die Rennleitung des Volvo Ocean Race diese gefährliche Route
gewählt hat und ein klares Indiz für den Einfluss der VAE, die zudem das gleichnamige Team „Abu Dhabi Ocean Racing“ ins Rennen geschickt haben. Eine Großveranstaltung wie das Volvo Ocean Race kann auch auf solche Mittel heute nur schwer verzichten. Es gilt den Return on Investment für potentielle Sponsoren vor dem Hintergrund des
Wirtschaftsstandortes Abu Dhabi zu vergrößern. Denn: trotz Spitzensport und
vermeintlicher Seefahrer-Romantik ist das Volvo Ocean Race in erster Linie eine komerziell betriebene Sportveranstaltung. Namensgeber Volvo hat zur
Realisierung der aktuellen Auflage tief in die Tasche greifen müssen. Alleine
die Vorfinanzierung von sieben Baugleichen 65-Fuß Kohlefaser-Rennyachten, auf welchen das
Rennen ausgetragen wird, dürfte den Konzern zwischen 15 und 20 Millionen Euro
gekostet haben.
Mit größerem monetären Einsatz steigt bekanntlich nicht nur das Gesamtrisiko, sondern auch die Fallhöhe derjenigen, die entsprechende Entscheidungen zu verantworten haben. Denn: Eine Rennyacht mit überlebensgroßer Werbung für einen internationalen Großkonzern ist für Piraten eine verlockende und leichte Beute, insbesondere in schwachwindigen Seegebieten wie vor Somalia. Es ist vor diesem Hintergrund mehr als beachtlich, dass sich Knut Frostad, CEO Volvo Ocean Race, dazu entschlossen hat, die Etappe von Kaptstadt nach Abu Dhabi durchsegeln zu lassen. Noch während der vergangenen Auflage 2011/2012 hatte Frostad eine andere Entscheidung treffen müssen.
Gesteigerte Fallhöhe
Mit größerem monetären Einsatz steigt bekanntlich nicht nur das Gesamtrisiko, sondern auch die Fallhöhe derjenigen, die entsprechende Entscheidungen zu verantworten haben. Denn: Eine Rennyacht mit überlebensgroßer Werbung für einen internationalen Großkonzern ist für Piraten eine verlockende und leichte Beute, insbesondere in schwachwindigen Seegebieten wie vor Somalia. Es ist vor diesem Hintergrund mehr als beachtlich, dass sich Knut Frostad, CEO Volvo Ocean Race, dazu entschlossen hat, die Etappe von Kaptstadt nach Abu Dhabi durchsegeln zu lassen. Noch während der vergangenen Auflage 2011/2012 hatte Frostad eine andere Entscheidung treffen müssen.
Die Teams verschwanden kurz nach dem Start buchstäblich von der Bildfläche und segelten durch eine sog. "Stealth Zone" zu einem entlegenen, sicheren Sammelpunkt, wo die Yachten auf einen Frachter geladen, und durch die Straße von Hormus gebracht wurden, bevor die Etappe fortgesetzt werden konnte. Nur die Rennleitung war über Details der Operation informiert. Diese archaisch anmutende Maßnahme schien 2011 im Angesicht der Lage vor und um Somalia angemessen, wie das nachfolgende Video eindrucksvoll unter Beweis stellt:
Im aktuellen Rennen wird auf Sicherheitsmaßnahmen dieser Art verzichtet. Ein weiterer Indikator dafür, dass die erhöhte Militärpräsenz der europäischen maritimen Einsatzkräfte im Seegebiet vor und um Somalia Wirkung zeigt. Denn:
Angesichts des finanziellen Volumens des Volvo Ocean Races steht und fällt die mögliche Rendite der individuell getätigten Investitionen mit dem Erfolg des Rennens. Ein
Übergriff durch Piraten auf eines der Teams hätte verheerende Folgen, nicht nur
für die unmittelbar betroffenen Segler und Sponsoren, sondern auch für das
Gesamtkonzept „Volvo Ocean Race“.
Was für das Rennen gilt, gilt auch für die
Weltwirtschaft: Die Gewährleistung sicherer Handelswege durch nationale und
internationale Gewässer ist essentiell für den Fortbestand des globalen Wirtschaftssystems, wie es auch im kürzlich erschienenen Jahresbericht des deutschen Marinekommandos heißt.
Lehren für die Zukunft
Das
Volvo Ocean Race darf diesbezüglich als "Parabel" betrachtet werden, stellt es in
seinem Kern doch den Geist einer wettkampforientierten, vollends
globalisierten Welt dar, deren Wohlstand auf Handel beruht und von sicheren
Seewegen abhängig ist. Auch wenn die Ursprünge für Piraterie – Ungleichverteilung
zwischen Nord und Süd, Armut, Perspektivlosigkeit und mangelnde Bildung – noch
lange nicht besiegt sind, ist es doch bemerkenswert, dass zumindest was
das Seegebiet vor und um Somalia betrifft, angewandte politische Machtmittel
innerhalb eines verhältnismäßig kurzen Zeitraumes deutlich Wirkung zeigen. Ein Erfolg,
der bei zukünftigen politisch geführten Außen- und Sicherheitspolitischen
Debatten unbedingt zu berücksichtigen ist. Das wäre zumindest nicht nur
wünschenswert, sondern im Geiste einer aufgeklärten Öffentlichkeit zwingend
erforderlich.
Bendix Hügelmann, B.A., ist Student im Masterstudiengang "Internationale Politik und Internationales Recht" an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, sowie Mitarbeiter am Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel. Seine Studien- und Forschungsschwerpunkte bilden politische Ökonomie, Globalisierungs- und Nachhaltigkeitsstudien sowie Seerecht und Maritime Sicherheit.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen