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Samstag, 13. Dezember 2014

Gastvorträge 12./13.12.2014

Hon.-Prof. Dr. Uwe Jenisch zum Thema "Tiefseebergbau" und "Arktis"

Ref. Jur. Oliver Daum zum Thema "Seerecht"

Dipl.-Pol. Udo Sonnenberger zum Thema "Transformation der Deutschen Marine nach 1990"

Montag, 8. Dezember 2014

Wenn alle das Selbe machen, sieht das Ergebnis trotzdem unterschiedlich aus. Eine Übersicht zu Piratenstatistiken.



Befasst man sich mit der modernen Piraterie, sei es aus beruflichen oder wissenschaftlichen Gründen, und versucht Zahlen und nähere Informationen zu aktuellen Vorfällen zu erhalten, dann stößt man fast zwangsläufig auf die verschiedenen frei zugänglichen Quellen. Obwohl alle den Anspruch haben, ein aktuelles und genaues Lagebild zu vermitteln, sind die Ergebnisse doch recht unterschiedlich. Mit diesem Beitrag möchte ich einen Überblick über vier der Angebote und deren Leistungsspektrum geben, deren Eigenheiten sich ungeübten Nutzern mitunter erst nach einiger Zeit zeigen. Dabei beschränke ich mich auf die jeweilige Vermittlung von Informationen zur Piraterielage. Die Beschreibungen der einzelnen Vorfälle sind in der Regel nicht nur inhalts- sondern auch wortgleich.

Auf der IMO-Websitefindet sich wohl die umfangreichste Datenbank und bietet zusätzlich eine nützliche Suchfunktion mit einer breiten Palette an Suchkriterien. Es werden alle Arten an Vorfällen und alle Weltregionen erfasst. Der Zugang erfordert jedoch eine einmalige Registrierung. Obwohl hier zu den Vorfällen die detailreichsten Informationen geboten werden, schleichen sich gelegentlich kleine Fehler ein. So war z. B. noch bis vor Kurzem der Raubüberfall auf die MSC MELATILDE in der Statistik zweimal aufgeführt. Leider ist die Statistik nicht auf dem aktuellsten Stand und es dauert mitunter mehrere Monate bis ein Vorfall aufgenommen wird. Da die Vorfälle chronologisch geordnet sind, gehen neue Einträge leicht unter und werden nicht gleich erkannt. 

Piraterie-Entwicklung 2005-2010 (Quelle: Wikipedia)

Beim ICC-CCS werden Berichte am schnellsten online gestellt. Auch hier werden weltweit die Pirateriefälle erfasst, jedoch noch zusätzlich Sichtungsmeldungen verdächtiger Fahrzeuge. Mit teilweise täglichen Updates ist dies die aktuellste der hier beschriebenen Quellen. Die Vorfälle sind in der Reihenfolge wie sie erfasst wurden, d.h. es lässt sich leicht nachvollziehen, wie lange es braucht, bis ein Angriff oder ein Raubüberfall registriert wird. Neben einer Weltkarte, auf der alle Vorfälle des laufenden Jahres farblich codiert eingetragen sind und mit einem Klick der zugehörige Report aufgerufen werden kann, gibt es diese Karte auch für das Vorjahr. Damit lassen nicht nur Schwerpunkte leicht erkennen, sondern auch die Verteilung und Konzentrationen der verschiedenen Vorfallsarten. 

Auf der Homepage des NATO Shipping Centre werden nur Vorfälle aus dem Einsatzgebiet der NATO-Operation Ocean Shieldaufgelistet und auch nur in einem deutlich geringerem Maße, als bei den anderenQuellen. Dies ist womöglich darauf zurückzuführen, dass Fälle erst ab einer höheren Intensität gewertet werden. Neben einer Karte, auf der aber nur Angriffe der letzten sieben Tage eingetragen wären, gibt es bei dieser Quelle Übersichtsgrafiken, die den Verlauf der Piratenaktivitäten der Jahre 2011-2013 nach Monaten und Vorfallsarten aufschlüsseln.

Das amerikanische ONI stellt jeweils als pdf eine wöchentliche Zusammenfassung der Vorfälle (PiracyAnalysis and Warning Weekly, PAWW) und eine der letzten vier Wochen (DokumentWorld Wide Threat to Shipping, WWTS) zur Verfügung. Leider ist der Veröffentlichungsrhythmus mitunter sehr unregelmäßig und die PAWWs sind nicht archiviert. Ein Archiv der WWTS-Berichte findet sich nur über Umwege. Im PAWW werden nach den Gebieten „Horn of Africa“, „Gulf of Guinea“ und „Southeast Asia“ sortiert die Piraterievorfälle, die Zahl der entführten Schiffe und eine Wettervorhersage gegeben. Für das Seegebiet Horn von Afrika/Indischer Ozean gibt’s es neben der reinen Wettervorhersage auch eine grafische Darstellung der Wahrscheinlichkeit für Piratenbootoperationen. Die Positionen der Vorfälle sind in Übersichtskarten der einzelnen Seegebiete eingetragen und zu jedem Gebiet gibt es eine Vergleichstabelle mit den Zahlen verschiedener Vorfallsarten der jeweiligen Woche, Vorwoche, des Monats und Vormonats der Jahre 2014-2011. Das WWTS-Dokument basiert weitestgehend auf dem PAWW. Die Einteilung der geographischen Gebiete ist ein wenig anders und es sind die Piraterievorfälle aller Weltregionen, also z.B. auch solche aus der Karibik oder, theoretisch, der Ostsee (Unterpunkt D) aufgelistet. Gelegentlich werden vom ONI auch Vorfälle verzeichnet, die bei den anderen Diensten nicht vermeldet werden. In den Anhängen finden sich noch eine Beschreibung zu den verwendeten Definitionen und eine Auflistung der genutzten Quellen.

Piraterie weltweit (Quelle: Wikipedia)

Auf eine Beurteilung der einzelnen Seiten verzichte ich an dieser Stelle, zumal mitunter über bloße Statistiken hinausgehende Informationen geboten werden. Je nach Anwendungszweck sind einige Kriterien wichtiger als andere und entsprechend unterscheiden sich die Seiten in ihrem Nutzen für den Anwender. Vor einem Vergleich der unterschiedlichen Statistiken ist mitunter eine erhebliche Datenaufbereitung notwendig, da sich die Definitionen der Vorfallsarten unterscheiden und die Angaben zu einem Vorfall in Details unterscheiden, die leicht zur Verwirrung führen können. Beispielsweise kann die Zeit in LT (local time) oder UTC (Universal time, Coordinated) angeben sein, was je nach Vorfallszeit auch ein anderes Datum ergibt. Es sei noch erwähnt, dass, so gut die Dienste sein mögen, von einer hohen Dunkelziffer auszugehen ist.

Tore Wethling hat an der Universität Kiel Politikwissenschaft studiert. Er arbeitete anschließend  zwei Jahre für ein deutsches maritimes Sicherheitsunternehmen als Analyst und wertete unter anderem Pirateriemeldungen aus.

Sonntag, 23. November 2014

Zwischen Anspruch und Wirklichkeit – Die Frage nach der Einsatzfähigkeit der deutschen Marine

Die Frage nach der tatsächlichen Einsatzfähigkeit der deutschen Marine ist nun wirklich nicht neu. Vieles über dieses Thema ist in der jüngeren Vergangenheit schon gesagt und geschrieben worden. Trotzdem scheinen das Finden einer Antwort auf ebendiese Frage sowie das Ziehen folgerichtiger Rückschlüsse aus verschiedenen Gründen momentan besonders wichtig.

Die deutsche Marine zwischen Anspruch...
(Quelle: Deutsches Maritimes Institut e.V.)
So hat der neue Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Andreas Krause, Anfang des Monats beispielsweise den Jahresbericht 2014 zur maritimen Abhängigkeit der Bundesrepublik Deutschland vorgestellt. Die Zusammenfassung dieses Berichts, in der zahlreiche Fakten und Zahlen aufgeführt werden, verdeutlicht erneut die herausragende Bedeutung des Welthandels für die Exportnation Deutschland und unterstreicht die daraus resultierende deutsche Abhängigkeit vom Seehandel.


...und Wirklichkeit?
(Quelle: fotocommunity.de)
Gleichzeitig geht aus dem Jahresbericht 2014 aber auch hervor, dass die Anzahl der Schiffe und Boote der deutschen Marine von 68 (Ende 2013) auf 54 Einheiten (2020) reduziert werden soll. Dieser Einschnitt von knapp 20 Prozent betrifft dabei vor allem die Minenstreitkräfte, U-Boote sowie die Schnellboote, die zur Gänze außer Dienst gestellt werden sollen. Dass die Planungen eine leichte Erhöhung der Anzahl von Korvetten und Fregatten vorsehen, ist den neuen Anforderungen an die deutsche Marine geschuldet. So verfolgt sie, etwa mit dem Bau der neuen Fregattengeneration des Typs 125, im Sinne der Transformation der Bundeswehr das Ziel, „die maritimen Fähigkeiten der Bundeswehr einsatzorientiert weiterzuentwickeln". Die Devise ist heute daher nicht mehr „Breite vor Tiefe“, sondern „Tiefe vor Breite“. Zwar wird die Anzahl der Einheiten reduziert, aber dafür wird deren Aufgaben- und Fähigkeitsspektrum deutlich erweitert. Gleichzeitig bedeutet dies eine intensivere Nutzung der Einheiten, die im Rahmen von Konfliktverhütung und Krisenbewältigung theoretisch global eingesetzt werden sollen. Dieser neuen Anforderung trägt beispielsweise auch das Konzept des Besatzungsaustauschs Rechnung, das bereits regelmäßig praktiziert wird.

In der Theorie und angesichts des sinkenden Verteidigungshaushalts klingen diese exemplarischen Bestandteile und Konzepte des Transformationsprozesses durchaus plausibel und vielversprechend.
Doch wie so oft wird die Theorie hier von der Wirklichkeit eingeholt.

Spätestens seit September diesen Jahres ist bekannt, dass die Ausrüstung der Bundeswehr zum Teil erhebliche Mängel aufweist.
Davon besonders betroffen ist auch die Marine, der momentan kein einziger ihrer 22 „Sea Lynx“-Helikopter für den Einsatz zur Verfügung steht. Neben dem „Sea Lynx“ verfügt die Marine theoretisch auch über den „Sea King“ als Bordhubschrauber. Die Helikopter dieses Typs haben allerdings ebenfalls mit technischen Problem zu kämpfen und stehen daher momentan auch nicht für Einsätze zur Verfügung. Der „NH90“ als Nachfolgemodell für die beiden völlig veralteten Modelle ist noch nicht einmal beschlossene Sache und befindet sich daher noch in weiter Ferne. Die Problematik der nicht einsatzbereiten Hubschrauber dürfte die Marine also noch eine Weile beschäftigen.

Deutsche Boardingsoldaten beim Abseilen von einem Sea Lynx".
(Quelle: marine.de)
Dabei sind Bordhubschrauber für die aktuellen Einsätze der Marine, zu deren Hauptbestandteilen größtenteils die Aufgabe der Seeraumüberwachung gehört, im Grunde unverzichtbar. Zwar ist die Überwachung eines größeren Seegebietes auch mithilfe eines Schiffsradars möglich, aber zur näheren Identifikation eines Objekts ist, besonders in einem von zahlreichen zivilen, kleineren Booten befahrenen Seegebiet wie der Küste Somalias, ein Bordhubschrauber absolut notwendig.
Ihre fehlende Einsatzbereitschaft könnte also dazu führen, dass die Marine ihren Auftragsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann.

Aber auch die Anzahl der schwimmenden Einheiten liegt, gemessen an den gegenwärtigen (Bündnis-) Verpflichtungen der deutschen Marine, am absoluten Minimum. Die Tatsache, dass einige veraltete Einheiten außer Dienst gestellt werden sollen, obwohl die Nachfolgemodelle, wie beispielsweise das „Mehrzweckkampfschiff MKS 180“, noch in der Planungsphase feststecken, ist diesbezüglich ebenfalls nicht hilfreich.

Doch in Zeiten, in denen unbekannte (russische?) U-Boote in fremden Hoheitsgewässern auftauchen", geht es bei der Frage nach der Einsatzbereitschaft der deutschen Marine nicht nur darum, den Auftrag in fernen Gewässern und somit die internationalen Verpflichtungen zu erfüllen.
Auch ohne einen „Kalten Krieg 2.0“ beschwören zu wollen, ist die Frage danach, ob unsere Marine (im Gegensatz zur Luftwaffe) dazu in der Lage ist, die eigenen Territorialgewässer zu schützen und den Bündnisverpflichtungen im Rahmen der NATO nachzukommen, akuter als in den vergangen 25 Jahren.

So gilt der Slogan „Die Einen dürfen und können nicht, wir können, aber dürfen nicht“ für die deutsche Marine in Bezug auf das Können" heute wohl bestenfalls nur noch eingeschränkt. Die Frage nach dem „Dürfen" ist dabei eine ganz andere.



Moritz Müller ist Student im Masterstudiengang "Internationale Politik und Internationales Recht" an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Seine Schwerpunkte sind Außen- und (maritime) Sicherheitspolitik sowie völkerrechtliche Themen.