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K.z.S. a.D. Heinz Dieter Jopp |
Diskussionsbeiträge aus der Politikwissenschaft der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel zu allen Themen rund um Seesicherheit.
Freitag, 19. Dezember 2014
Sonntag, 14. Dezember 2014
Neue Meeresbewohner: Plastikteilchen – eine Bedrohung der besonderen Art?
„The Great Pacific Garbage Patch“ – ein irreführend
verniedlichender Ausdruck. Bei Millionen Tonnen Kunststoffmüll - einem
gigantischen Müllteppich der nach Expertenmeinungen mittlerweile schon die Größe ganz Indiens erreicht
habe, lässt sich wohl kaum noch von einem „patch“ – Fleck sprechen, schon
eher von einem neuen Kontinent.
Im Juni 1997 entdeckte der Skipper Charles J. Moore
auf der Rückreise von einer Segelregatta mit seiner Crew diesen pazifischen
Müllstrudel, mehr als eine Woche segelten sie durch schier endlose Massen von
Zivilisationsmüll. Seit diesem Tag sind nunmehr über 17 Jahre vergangen und
dieses Zeugnis eines überbordenden Kapitalismus schwillt immer weiter an.

Da sich dieser neu entstandene Kontinent in Gewässern
befindet, die weder für die Schifffahrt, noch für den Tourismus besonders
interessant zu sein scheinen, wird die Bedrohung die von ihm ausgehen könnte auch nur
beiläufig wahrgenommen und bleibt bis jetzt weitgehend ignoriert.
Quelle: pixelio.de
Welche Gefahren können sich aber aus der Belastung des
Meeres mit Plastik ergeben?
Zum einen ergeben sich natürlich negative Auswirkungen
auf die maritime Lebenswelt. Tiere bleiben in größeren Plastikresten hängen und
verletzten sich. Seevogel, Wale und Delfine fressen die an der Oberfläche
schwimmenden Plastikreste und, da diese unverdaut bleiben, verhungern sie schlimmstenfalls
durch mit Plastik gefüllte Mägen. Wissenschaftler der Universität Kiel (Forschungs-
und Technologiezentrum Westküste, FTZ) führten von 2007 bis 2011 eine Untersuchung
durch, bei der Sie versuchten, die Plastikbelastung von Seevögeln zu erfassen.
Sie mussten feststellen, dass 96% der von ihnen untersuchten Tiere Plastik in
kleineren, oder auch größeren Mengen gefressen hatten.
Durch die stetige Wellenbewegungen und die dauerhafte
UV-Bestrahlung, der die Plastikpartikel an der Meeresoberfläche ausgesetzt sind
werden sie zu einer immer feineren Substanz. Diese wird ab einem gewissen Grad
der Verfeinerung vermehrt von verschiedenen Meereslebewesen mit der Nahrung aufgenommen. Größere Teile
werden von Walen, Fischen und Seevögeln mit Nahrung verwechselt. Ist das Plastik aber bereits
so fein, dass selbst Plankton zu seinen Konsumenten gehört ist es am unteren
Ende der Nahrungskette, auch unserer Nahrungskette, angekommen.
An den aufgenommenen Stoffen lagern giftige Substanzen
wie etwa krebsauslösende organische Chlorverbindungen oder auch Insektizide,
auch bekannt unter DDT an. Wer sich jemals in die Tropen begeben hat kennt DDT
vor allem in Form des aggressivsten auf dem Markt erhältlichen
Mückenschutzmittels im Kampf gegen Malaria. Man sprüht sich diese Substanz
schon sehr ungern auf seine, darauf mit juckender Röte reagierende Haut, als
Nahrungsmittel kann und will man es sich nun wirklich nicht vorstellen.
Über das Plankton gelangen diese Stoffe langfristig in
maritime Nahrungsketten und somit beim Verzehr entsprechender Produkte
natürlich auch in unsere Körper.
Welche Wirkungen kann dies für den Organismus nach
sich ziehen?
DDT und seinen Abfallprodukten zeigen hormonähnliche
Wirkungen. So wurde festgestellt, dass Greifvögel, die dieses Mittel
eingenommen hatten Eier mit sehr viel dünneren Schalen legten – dies führte zu
massiven Bestandseinbrüchen. Bei Menschen stehen die Substanzen zumindest im
Verdacht Krebs auszulösen.
Wie gelangen solche Stoffe in unsere Meere?
Organische Chlorverbindungen, hierunter Polychlorierte
Biphenyle, wurden jahrelang als Weichmacher verwendet. Sie wurden durch die Stockholmer
Konvention von 2001 weltweit verboten – zu spät, sie haben sich bereits
weltweit ausgebreitet. In unseren Böden,
in der Atmosphäre und eben auch in unseren Gewässern.
DDT wird schon seit längerem nur noch zum Schutz vor
Malaria verwendet. Bis in die 1970er wurde es aber weltweit in der
Landwirtschaft benutzt, mittlerweile ist es nur noch in einzelnen Ländern in
Benutzung, etwa in Indien und Nordkorea.
Der menschliche Konsum befördert die Agglomeration von
Plastik in den Meeren in erschreckendem Ausmaß. Nicht nur über den massenhaft
entstehenden Verpackungsmüll, man denke nur an Million von Plastiktüten und
PET-Wasserflaschen. Auch synthetische Kleidungsmaterialien, durch die
Verwendung von Pflegeprodukten, die meist kleinste Kunststoffteilchen enthalten
und von Waschsubstanzen die in riesigem Ausmaß Mikroplastik enthalten tragen zu
der Verschlimmerung des Problems bei.
Wissenschaftler fanden heraus, dass bei nur einem
einzigen Waschmaschinengang bereits bis zu 1900 feinste Plastikteilchen
nachgewiesen werden können.
Warum wird hier nicht gehandelt?
Noch bis in die 1980er Jahre wurde tatsächlich davon
ausgegangen, dass die Anhäufung von Plastikteilchen in den Meeren weitegehend
unproblematisch sei.
Diese Meinung wurde mittlerweile natürlich revidiert.
Selbstverständlich ist das Ableiten von Plastikmüll in
Gewässer verboten. Wobei er von europäischer
Seite aus erst in der „Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie“ als ernstzunehmende Umweltgefahr erfasst wurde.
Das Abladen und fachgerechte Entsorgen von Müll muss zudem
in allen Häfen kostenfrei ermöglicht werden. Was aber auf offenem Meer
geschieht ist nicht nur schwer kontrollierbar, sondern auch quasi unsanktionierbar.
Mittlerweile werden auch
recht ungewöhnliche Wege eingeschlagen um das Problem anzugehen: So hat zum
Beispiel die NGO „Green-Ocean“ 2006 damit begonnen Fischern den Plastikmüll,
den sie über ihre Netze ungewollt mit eingefangen haben, abzukaufen. Ein weiteres
Projekt verspricht zumindest kleine Erfolge: ein niederländischer Student hat
eine Konstruktion entwickelt, die in der Lage sein soll den Abfall von der
Meeresoberfläche fischen. Über eine „Crowdfundig“-Initiative versucht er nun im
Internet genügend Gelder zum Bau eines Prototyps einzusammeln und so sein
Projekt zu realisieren.
„Crowdfunding“? Ist es
bei so einem gravierenden Problem wirklich nötig, diesen häufig langwierigen
Weg zu gehen und zivilgesellschaftlich Gelder zu sammeln um das Problem
tatsächlich lösungsorientiert anzugehen? Ein Problembewusstsein bei
politischen Entscheidungsträgern scheint wohl weiter auf sich warten zu
lassen..
Quelle: The Ocean Cleanup
K.Busch
ist Studentin im Masterstudiengang Politikwissenschaft (Modernes
Regieren) und International Vergleichende Soziologie an der
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
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