Die Frage nach der tatsächlichen
Einsatzfähigkeit der deutschen Marine ist nun
wirklich nicht neu. Vieles über dieses Thema ist in der
jüngeren Vergangenheit schon gesagt und geschrieben worden. Trotzdem
scheinen das Finden einer Antwort auf ebendiese Frage sowie das
Ziehen folgerichtiger Rückschlüsse aus verschiedenen Gründen
momentan besonders wichtig.
Die deutsche Marine zwischen Anspruch... (Quelle: Deutsches Maritimes Institut e.V.) |
So hat der neue Inspekteur der Marine,
Vizeadmiral Andreas Krause, Anfang des Monats beispielsweise den
Jahresbericht 2014 zur maritimen Abhängigkeit der Bundesrepublik Deutschland vorgestellt. Die Zusammenfassung dieses Berichts, in
der zahlreiche Fakten und Zahlen aufgeführt werden, verdeutlicht
erneut die herausragende Bedeutung des Welthandels für die
Exportnation Deutschland und unterstreicht die daraus resultierende
deutsche Abhängigkeit vom Seehandel.
...und Wirklichkeit? (Quelle: fotocommunity.de) |
Gleichzeitig geht aus dem Jahresbericht
2014 aber auch hervor, dass die Anzahl der Schiffe und Boote der
deutschen Marine von 68 (Ende 2013) auf 54 Einheiten (2020) reduziert
werden soll. Dieser Einschnitt von knapp 20 Prozent betrifft dabei
vor allem die Minenstreitkräfte, U-Boote sowie die Schnellboote, die
zur Gänze außer Dienst gestellt werden sollen. Dass die Planungen
eine leichte Erhöhung der Anzahl von Korvetten und Fregatten
vorsehen, ist den neuen Anforderungen an die deutsche Marine
geschuldet. So verfolgt sie, etwa mit dem Bau der neuen
Fregattengeneration des Typs 125, im
Sinne der Transformation der Bundeswehr das Ziel, „die maritimen Fähigkeiten der Bundeswehr einsatzorientiert weiterzuentwickeln".
Die Devise ist heute daher nicht mehr „Breite vor Tiefe“, sondern
„Tiefe vor Breite“. Zwar wird die Anzahl der Einheiten reduziert,
aber dafür wird deren Aufgaben- und Fähigkeitsspektrum deutlich
erweitert. Gleichzeitig bedeutet dies eine intensivere Nutzung der
Einheiten, die im Rahmen von Konfliktverhütung und Krisenbewältigung
theoretisch global eingesetzt werden sollen. Dieser neuen Anforderung
trägt beispielsweise auch das Konzept des Besatzungsaustauschs Rechnung, das bereits regelmäßig praktiziert wird.
In der Theorie und angesichts des
sinkenden Verteidigungshaushalts klingen diese exemplarischen Bestandteile und Konzepte des
Transformationsprozesses durchaus plausibel und vielversprechend.
Doch wie so oft wird die Theorie hier
von der Wirklichkeit eingeholt.
Spätestens seit September diesen
Jahres ist bekannt, dass die Ausrüstung der Bundeswehr zum Teil erhebliche Mängel aufweist.
Davon besonders betroffen ist auch die Marine,
der momentan kein einziger ihrer 22 „Sea Lynx“-Helikopter für
den Einsatz zur Verfügung steht. Neben dem „Sea Lynx“ verfügt
die Marine theoretisch auch über den „Sea King“ als
Bordhubschrauber. Die Helikopter dieses Typs haben allerdings
ebenfalls mit technischen Problem zu kämpfen und stehen daher
momentan auch nicht für Einsätze zur Verfügung. Der „NH90“
als Nachfolgemodell für die beiden völlig veralteten Modelle ist
noch nicht einmal beschlossene Sache und befindet sich daher noch in
weiter Ferne. Die Problematik der nicht einsatzbereiten Hubschrauber
dürfte die Marine also noch eine Weile beschäftigen.
Deutsche Boardingsoldaten beim Abseilen von einem „Sea Lynx". (Quelle: marine.de) |
Dabei sind Bordhubschrauber für die
aktuellen Einsätze der Marine, zu deren Hauptbestandteilen
größtenteils die Aufgabe der Seeraumüberwachung gehört,
im Grunde unverzichtbar. Zwar ist die Überwachung eines größeren
Seegebietes auch mithilfe eines Schiffsradars möglich, aber zur näheren
Identifikation eines Objekts ist, besonders in einem von zahlreichen
zivilen, kleineren Booten befahrenen Seegebiet wie der Küste
Somalias, ein Bordhubschrauber absolut notwendig.
Ihre fehlende Einsatzbereitschaft
könnte also dazu führen, dass die Marine ihren
Auftragsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann.
Aber auch die Anzahl der schwimmenden
Einheiten liegt, gemessen an den gegenwärtigen (Bündnis-) Verpflichtungen der deutschen Marine, am absoluten Minimum.
Die Tatsache, dass einige veraltete Einheiten außer Dienst gestellt
werden sollen, obwohl die Nachfolgemodelle, wie beispielsweise das
„Mehrzweckkampfschiff MKS 180“, noch in der Planungsphase
feststecken, ist diesbezüglich ebenfalls nicht hilfreich.
Doch in Zeiten, in denen unbekannte (russische?) U-Boote in fremden Hoheitsgewässern „auftauchen",
geht es bei der Frage nach der Einsatzbereitschaft der deutschen
Marine nicht nur darum, den Auftrag in fernen Gewässern und somit
die internationalen Verpflichtungen zu erfüllen.
Auch ohne einen „Kalten Krieg 2.0“
beschwören zu wollen, ist die Frage danach, ob
unsere Marine (im Gegensatz zur Luftwaffe) dazu in der Lage ist, die eigenen Territorialgewässer zu schützen
und den Bündnisverpflichtungen im Rahmen der NATO nachzukommen, akuter als in den vergangen 25 Jahren.
So gilt der
Slogan „Die Einen dürfen und können nicht, wir können, aber dürfen nicht“ für die deutsche Marine in Bezug auf das „Können" heute wohl bestenfalls nur noch eingeschränkt. Die Frage nach dem „Dürfen" ist dabei eine ganz andere.
Moritz
Müller ist Student im Masterstudiengang "Internationale Politik
und Internationales Recht" an der
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Seine Schwerpunkte sind
Außen- und (maritime) Sicherheitspolitik sowie völkerrechtliche
Themen.
Gestern (26.11.2014) erschien auf marine.de ein Artikel zum NH90, dem Nachfolgemodell des "Sea King". Am veralteten "Sea Lynx" als Bordhubschrauber scheint die Marine übergangsweise zunächst doch noch festzuhalten. Zumindest wird er vorerst auch auf den neuen Einheiten der Klasse F125 weiter als Bordhubschrauber geführt.
AntwortenLöschenInhaltlich dreht sich der Artikel vor allem um die Bedeutung sowie um Fähigkeiten und Vorzüge des NH90.
Nachzulesen ist das Ganze unter folgendem Link: http://www.marine.de/portal/a/marine/!ut/p/c4/NYq7CsJAEEX_aGYDwqqdISKmTKOxG5MhDO4jDBNt_Hh3C--B05yLDywkestCJjlRwDuOkxyfH4ikQC_bOATGW_3NDFNObNXGyaR4UbKssGa1UMumWgrIjKNrutZ591_zPQz7S3_eed9d2wHXGE8_4B-9cg!!/