Samstag, 3. Januar 2015

Der Schutz von Tiefseekabeln – ein unmögliches Unterfangen?

Die ganze Welt ist heute durch Tiefseekabel vernetzt
(Quelle:https://www.flickr.com/photos/caseorganic/5944449945)

Mittlerweile umspannt ein Netz von Unterseekabeln den gesamten Globus. Mit Ausnahme der Antarktis, die aufgrund der widrigen Temperaturverhältnisse im Südlichen Ozean kein geeigneter Ort für die Verlegung von optischen Glasfaserkabeln ist, sind alle Kontinente unterseeisch miteinander verbunden. Nahezu der gesamte internationale Datenverkehr der Welt fließt durch diese Tiefseekabel, die im Vergleich zu Satelliten größere Datenvolumen mit annähernder Lichtgeschwindigkeit transportieren können und zudem wesentlich preiswerter sind. Doch wie kann eine derart komplexe Kabelinfrastruktur, deren Gesamtlänge mehrere Hunderttausend Kilometer umfasst, effektiv geschützt werden? Angesichts ihrer Verwundbarkeit und der diffusen Gefahren, die sie bedrohen, gestaltet sich diese Aufgabe als schwierig. 75% der Störungen lassen sich nicht auf technische Ursachen, sondern auf äußere Umstände zurückführen.

Menschengemachte und natürliche Bedrohungen

Ein Schiff bei der Verlegung von Unterseekabeln 
(Quelle: https://www.flickr.com/photos/guerric/5909138711)
Tiefseekabel werden durch speziell ausgerüstete Schiffe verlegt. Ihrer Verlegung geht eine detaillierte Untersuchung der Beschaffenheit des Meeresbodens vor, durch den die Kabeltrasse führen soll. Der Verlauf von Naturschutzgebieten und Schifffahrtsrouten sowie geophysikalische Faktoren werden hierbei berücksichtigt. Die Ummantelung und die Verlegungsart der Seekabel variieren je nach Trassenabschnitt. In seichten Küstengewässern, wo die Seekabel den Bedrohungen menschlichen Handelns wie ankernden Schiffen und Fischereigeräten ausgesetzt sind, haben sie einen größeren Durchmesser und sind etwa so dick wie eine Getränkedose. Bei weichem Grund werden sie mittels eines Hochdruckstrahls in den Küstenboden versenkt, während bei einem festeren Meeresboden ein Verlegepflug erforderlich ist. In der Tiefsee liegen die wesentlich dünneren Kabel (ihr Durchmesser beträgt etwa den eines Filzstifts) hingegen frei auf dem Ozeanboden. Doch nicht nur anthropogene Gefahren lauern auf die Unterseekabel, auch vor Haiangriffen sind sie nicht gefeit. Warum die Meeresraubtiere von den maritimen Glasfaserkabeln angezogen werden, ist nicht abschließend geklärt. Denkbar ist, dass sie die elektromagnetischen Felder, die von den Kabeln ausgehen nicht von jenen biologischen Feldern zu unterscheiden vermögen, die von Fischen ausgestrahlt werden. Um den Schaden, den die Bisse von Haien verursachen können, möglichst gering zu halten, setzt Google seit Kurzem auf  die zusätzliche Beschichtung seiner Unterseekabel mit Kevlar. Dieser extrem feste und bruchsichere Kunststoff, der auch für schusssichere Westen und Fahrzeugpanzerungen verwendet wird, soll der Kabelummantelung beigefügt werden und für Abhilfe sorgen. Geologischen Bedrohungen wie Unterseebeben, Erdrutschen, Verschiebungen von Kontinentalplatten und Taifunen kann durch derartige Präventionsmaßnahmen nicht begegnet werden. Was hier allerdings helfen kann, ist die Errichtung mehrerer Kabeltrassen: je mehr Unterseekabel für dieselbe Verbindung zuständig sind, desto leichter ist es im Falle eines Ausfalls auf ein intaktes Kabel auszuweichen. Dass sich die Installation eines solchen Backup-Netzwerks bewährt, zeigte sich im Zuge der Tsunamikatastrophe 2011 in Japan, dessen Kabelinfrastruktur nur aus diesem Grund nicht lahmgelegt wurde. Der Datenverkehr der Entwicklungsländer an der afrikanischen Ostküste und geographisch entlegener Staaten wie Tonga und Vanuatu, die erst in den vergangenen Jahren von der Satellitentechnologie auf die Tiefseekabel umgestiegen sind und bisher nur vereinzelte Kabel installiert haben, ist daher viel verwundbarer als die internationale Kommunikation der Industrieländer.

Schreckensvision: maritimer Terrorismus

"WARNING SUBMARINE CABLE CROSSING" - könnten 
Terroranschläge auf Unterseekabel in Zukunft Wirklichkeit 
werden? 
(Quelle:https://www.flickr.com/photos/vogelium/2072176623)

Abgesehen von der Betriebssicherheit (safety) wird im Zusammenhang mit Unterseekabeln auch über die maritime Sicherheit (security) geredet. Trotz der technischen Schwierigkeiten einen maritimen Terroranschlag durchzuführen, erscheint dieses Bedrohungsszenario vielen als gar nicht so unwahrscheinlich. Insbesondere der 19-stündige Internetausfall in Syrien 2012, der vermeintlich auf eine Sabotage durch „Terroristen“ zurückzuführen sei und der versuchte „Anschlag“ auf ein Unterseekabel vor der ägyptischen Küste 2013 haben der Weltöffentlichkeit die Verwundbarkeit des internationalen Datenverkehrs vor Augen geführt. Auch wenn die von der syrischen Regierung und den ägyptischen Behörden genannten Ursachen für diese Vorfälle wahrscheinlich jeder Grundlage entbehren, könnte der Eindruck entstehen, dass Anschläge auf Unterseekabel unmittelbar bevorstehen. Das Backup-Netzwerk der Tiefseekabel sorgt hier allerdings für Entwarnung. Es würde schon einer logistischen Meisterleistung bedürfen die gesamte Kabelinfrastruktur eines Landes lahmzulegen. Was hingegen eine reale, wenn auch nicht unbedingt wahrscheinliche Bedrohung darstellt, ist die relative Exponiertheit der Landestationen, in die die Unterseekabel münden, wenn sie die Küste erreichen. Mit Ausnahme Großbritanniens, das durch ständige Patrouillen die Sicherheit dieser Stationen gewährleistet, besteht bei anderen Ländern, darunter auch den USA, hier durchaus Handlungsbedarf.  


Dóra Simon ist Studentin im Masterstudiengang "Internationale Politik und Internationales Recht" an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel mit den Schwerpunkten europäische Integration sowie Völkerstrafrecht.

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