Sonntag, 7. Dezember 2014

Der bewaffnete Konflikt zur See im 21. Jahrhundert – „alte“ Szenarien und neue Herausforderungen

Über 30 Jahre liegen die letzten größeren auf See ausgetragenen Kampfhandlungen mittlerweile zurück. Seitdem haben sich nicht nur die globalen politischen Konstellationen und Kräfteverhältnisse verändert, sondern damit einhergehend auch, zu Land wie zur See, die Charakteristika der bewaffneten Konflikte.
Während es heute nur noch verhältnismäßig wenige zwischenstaatliche Kriege gibt, steigt die Anzahl derer mit Beteiligung nicht-staatlicher Akteure stetig. Eine Entwicklung, welche auch die „maritimen Bedrohungsszenarien“ erheblich erweitert.

Verschwommene Grenzen: Freund oder Feind?
(Quelle: seefahrer.blog.de)

Das „klassische“ Szenario

1982 standen sich während des Falklandkrieges mit britischen sowie argentinischen Flottenverbänden zum bisher letzten Mal zwei staatliche Kontrahenten in einem größeren Seegefecht gegenüber. Obwohl hier vor allem das britische Atom-U-Boot „HMS Conqueror“ sowie die von argentinischen Flugzeugen abgefeuerten Luft-Schiff-Raketen des Typs „Exocet“ eine herausragende Rolle spielten, kann dieses Seegefecht heute als letzte „klassisch-symmetrische“ Kampfhandlung dieser Art gesehen werden.


Flottenverband der Royal Navy mit Kurs auf die Falklands.
(Quelle: militarythoughts.wordpress.com)
Trotz der nur wenigen zwischenstaatlichen Kriege heutzutage, kann und sollte aber auch dieses Szenario weiterhin Beachtung finden.
Konfliktherde mit Beteiligung verschiedener Staaten gibt es beispielsweise im südchinesischen Meer oder in der Arktis.
Angesichts der aktuellen russischen Machtdemonstrationen in (u.a.) der Nord- und Ostsee, die zwar bislang nicht bedrohlich, aber dennoch eindeutig sind, muss auch der momentan so häufig erwähnte „Kalte Krieg 2.0“, zumindest in der Theorie, als mögliches Szenario betrachtet werden.


Die „Neuauflage des Klassikers“

Aufgrund der in den globalen Kräfteverhältnissen überwiegend vorherrschenden Asymmetrien, bedienen sich vermeintlich unterlegene Staaten in einem Konflikt bereits seit Menschengedenken
asymmetrischer Methoden der Kriegsführung.
Das gilt logischerweise auch für die Seekriegsführung. Der „klassische“ zwischenstaatliche Konflikt wird quasi mit anderen Mitteln geführt.
Als Beispiel kann hier der sogenannte „Tanker War“ während des sich ab 1980 entwickelnden ersten Golfkriegs zwischen dem Iran und dem Irak herangezogen werden. 

Flugkörperschnellboote der iranischen Marine.
(Quelle: Naval Open Source INTelligence)
Zum einen sind die Methoden auffällig, derer sich die beiden Kontrahenten im Rahmen ihrer Seekriegsführung bedienten. Während der Irak vor allem auf Luft-Schiff-Raketen setzte, hat sich der Iran der verschiedensten Mittel, darunter Minen, landgestützte Anti-Schiffs-Raketen sowie Speedboot-Attacken, bedient.
Zu einem größeren, direkten Gefecht zwischen iranischen und irakischen Marineeinheiten ist es nicht gekommen.


Neue Akteure, neue Herausforderungen, neue Szenarien

Das vermehrte Mitwirken nicht-staatlicher Akteure in bewaffneten Auseinandersetzungen mit zum Teil globalen Auswirkungen bringt schließlich ganz neue Herausforderungen mit sich.
Da diese Konfliktparteien im Vergleich mit einem staatlichen Akteur theoretisch eigentlich immer unterlegen scheinen, nutzen auch sie vor allem asymmetrische Methoden der Kriegsführung. Regeln gibt es für sie häufig nicht.

Die Bilder der durch einen „maritimen Selbstmordanschlag“ beschädigten „USS Cole“ im jemenitischen Aden gingen im Jahr 2000 um die Welt.
Durch relativ simple und vergleichsweise einfach zu beschaffende Mittel wurde hier ein großer Schaden verursacht. Das Ergreifen präventiver Maßnahmen ist bei solchen Angriffen besonders schwierig, eine Reaktion eigentlich erst möglich, wenn es fast zu spät ist.

Nicht zuletzt verdeutlicht auch das Beispiel der Piraterie, welche maritime Bedrohung globalen Ausmaßes heutzutage von nicht-staatlichen Akteuren ausgehen kann und welche finanziellen, personellen und materiellen Kräfte dadurch gebunden werden. Von Symmetrie kann in solchen Konflikten in jeglicher Hinsicht keine Rede sein.



Der Konflikt zur See im 21. Jahrhundert – „die Quadratur des Kreises“

Die maritimen Bedrohungsszenarien sind heute, nicht zuletzt durch die Beteiligung nicht-staatlicher Akteure, sicherlich zahlreicher und komplexer als je zuvor. Sie reichen von „klassischen“ zwischenstaatlichen Konflikten über die Bedrohung durch nicht-staatliche, asymmetrisch agierende Akteure bis hin zu Herausforderungen, die momentan eventuell noch nicht einmal klar zu identifizieren sind.
Um auf diese vielschichtigen Bedrohungen bestmöglich reagieren und, in Anlehnung an das mathematische Problem, eine bestmögliche Lösung finden zu können, ist eine gut ausgerüstete und entsprechend vorbereitete Marine unabdingbar. Sicherheit hat ihren Preis.


Moritz Müller ist Student im Masterstudiengang "Internationale Politik und Internationales Recht" an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Seine Schwerpunkte sind Außen- und (maritime) Sicherheitspolitik sowie völkerrechtliche Themen.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen