Freitag, 12. Dezember 2014

Thermohaline Zirkulation - "Das große ozeanische Förderband"


Vor einigen Jahren schockte Roland Emmerich mal wieder mit der Zerstörung des Weißen Hauses in seinem Streifen „The Day After Tomorrow“. Diesmal waren nicht Aliens, sondern die Natur höchstpersönlich für die Zerstörung des wohl berühmtesten Regierungssitzes der Welt verantwortlich. Roland Emmerich entwickelte ein apokalyptisches Szenario über den Abriss der Golfstromzirkulation (auch: thermohaline Zirkaulation). Eine plötzlich einsetzenden Emmerich-Eiszeit ist zwar extrem unrealistisch, doch wie hoch stehen die Chancen, dass die Golfstromzirkulation Tatsache abreissen könnte? Dazu vorerst eine kurze Erläuterung, wie diese überhaupt Zustande kommt:

Hauptsächlich geht es um (wer hätte es gedacht?) Wasser. Wasser hat eine bestimmte chemische Eigenschaft: Seine größte Dichte nimmt es bei 4 Grad Celsius ein, somit kann Wasser in seinem festen Aggregatzustand (Eis) schwimmen. Allein dieser anomalen chemischen Eigenschaft von Wasser ist es geschuldet, dass bestimmte Seewege bislang unpassierbar sind oder das Wasser in Form von Eisbergen selbst zur Gefahr für die Schifffahrt geworden ist (siehe Titanic von James Cameron).

Das ist aber noch nicht Alles. Da die Ozean bekanntermaßen kein Süß- sondern Salzwasser tragen, kommt es zu einer Veränderung der chemischen Eigenschaften. Salz verschiebt das Dichtemaximum von Wasser unter den Gefrierpunkt. Dadurch kommt es in den kalten polaren Gebieten zur sog. Konvektion: Kaltes Wasser wird dichter und sinkt ab, während wärmeres leichteres Wasser nach oben strömt. Das warme Wasser gib an der Oberfläche Wärme an die Atmosphäre ab und nimmt Gase wie CO2 auf, wenn es dann abgekühlt ist, sinkt es wiederum ab.

Das in die Tiefe abgesunkene Wasser begibt sich in den tieferen Wasserschichten auf einer Art „globalen Förderband“ auf eine Reise um die Welt (siehe Abbildung). Dadurch, dass das kalte Wasser absinkt, strömt wärmeres Wasser auf der Oberfläche aus südlicheren Gebieten nach. Durch die unterschiedliche Dichte vermischen sich die Wasserschichten nicht, so dass es zu einem langen Zyklus kommt, in dem das Wasser bis zu 1000 Jahre unterwegs sein kann.


Quelle: http://www.grida.no/publications/vg/climate/page/3085.aspx


Bereits zu Anfang des Jahrtausend gab es Befürchtungen, die Golfstromzirkulation könne abreissen. Daher wurde 2008 das Project THOR (Thermohaline Overturning - at Risk) auf Initiative der EU ins Leben gerufen. Deren Abschlussberichts von 2013 fasste zusammen, dass eine Veränderung der thermohalinen Zirkulation einen dramatischen Einfluss auf Europa und seine Bewohner hätte. Speziell deshalb, da in Europa aufgrund des von Süden nach Norden nachströmenden Wassers ein relativ mildes Klima herrscht. Auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung untersuchte im Rahmen des Nordatlantik-Projekts die Möglichkeiten eines Abriss der thermohalinen Zirkulation. Sowohl THOR, als auch das Nordatlantik-Projekt kamen zu dem für Europa vorerst beruhigenden Schluss, zunächst im Sommer kein Schnee schippen zu müssen. Dennoch besteht für die Zukunft die Gefahr, dass die Zirkulation durch externe Effekte beeinflusst und gestört zu werden könnte. 

Neben den direkten klimatischen Rückkopplung für Europa würde ein Abreissen der thermohalinen Zirkulation weitere Veränderungen mit sich bringen. Im Zuge eines Abrisses der Zirkulation käme es zu einer zusätzlichen Erwärmung der Meere und einem zusätzlichen Meeresspeigelanstieg von ca. einem Meter. Außerdem würde ein Abbruch der Zirkulation bedenkliche Auswirkungen auf das maritime Ökosystem und die Fischfangindustrie haben. Letztlich stellt das Meer den größten Speicher von CO2 dar, sollte die thermohaline Zirkulation und ihr Vermögen CO2 für längere Zeit zu speichern abreissen, sind die Folgen für den CO2 Gehalt in der Atmosphäre und den Treibhausgaseffekt unvorhersehbar.


Obwohl diese Probleme momentan keine akute Bedrohung für den europäischen und deutschen maritimen Raum darstellen, sollten sie Teil eines umfangreichen Sicherheitskonzepts sein. Eine Vorbeugung der globalen Erwärmung und eine weitsichtige Politik hinsichtlicher des Schutzes der Meere als ökologischen Raum sind unerlässlich. Nur so können deutsche und europäische maritime Interessen auch zukünftig gewahrt und geschützt werden. Sollte es zu einem Abriss der thermohalinen Zirkulation kommen, sind die Folgen schwer abzusehen, werden aber ernsthafte Konsequenzen für Wirtschaft, Küstenschutz und das Leben auf dem europäischen Kontinent haben. Daher sollten Programme zu Erforschung der Ozeane und zu den Konsequenzen maritimer Veränderungen vorangetrieben werden. Außerdem sollten umfangreiche Sicherheitsstrategien darauf ausgerichtet sein, den durch den Klimawandel veränderten ozeanischen Begebenheiten begegnen zu können. Eine umfangreiche Sicherheitsstrategie sollte nicht nur räumlich sondern auch zeitlich in einem weiten Fokus betrachtet werden. Projekte wie das NACLIM (The North Atlantic and Climate), welches das Nachfolgeprojekt von THOR ist, stellen den richtigen Ansatz dar um künftige maritime Bedrohungen zu begegnen. Nur so können auch künftige Gefahren früh bekämpft werden und die Chancen steigen, dass Bedrohungen erst gar nicht entstehen und Horrorszenarien weiterhin Fiktionen auf der Leinwand bleiben.


Max Hagen ist Student im Master Internationale Politik und internationales Recht an der CAU Kiel. Interessenschwerpunkte sind umwelt- und energiepolitische Themen, wie energetische Versorgungssicherheit oder die deutsche Energiewende im Fokus der Öffentlichkeit.

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