Montag, 17. November 2014

Kalter Krieg reloaded? Wenn das Völkerrecht baden geht...

Bildquelle: APA/EPA/RIA Novosti/Alexei Nikolsky

Kant sagte sinngemäß einmal, dass die Freiheit des Einzelnen dort ende, wo die Freiheit des anderen beginne. Man kann dies ohne Probleme als ein Prinzip des Völkerrechts sehen: Das Territorium eines Staates darf durch einen anderen nicht verletzt werden. Noch ein wenig genauer definiert dies Artikel 2 §1 des Internationalen Seerechtsübereinkommen (SRÜ):

Die Souveränität eines Küstenstaats erstreckt sich jenseits seines Landgebiets und seiner inneren Gewässer sowie im Fall eines Archipelstaats jenseits seiner Archipelgewässer auf einen angrenzenden Meeresstreifen, der als Küstenmeer bezeichnet wird.

Laut schwedischer Regierung gibt es nun handfeste Beweise für das Eindringen eines russischen U-Boots – um eine friedliche Durchfahrt im Sinne des Artikel 17 SRÜ sowie Artikel 20 speziell U-Boote betreffend handelt es sich dabei nicht, da ein U-Boot eine militärische Waffe darstellt und es sich um eine geheime Aktion handelte von der keine schwedische Behörde Kenntnis besaß -  in schwedisches Hoheitsgebiet. Margot Wallström, schwedische Außenministerin, sprach von einer „sehr großen Bedrohung“. Erinnerungen an Vorfälle aus den Zeiten des Kalten Krieges werden wach. So etwa an jene von 1981/82, die zu schweren Verstimmungen zwischen den beiden Ostseeanrainern führten.

Was hat nun also ein russisches U-Boot, falls es tatsächlich eines war (stichhaltige Beweise  zu finden, war auch in vorigen Fällen keine Stärke der Schweden), vor der schwedischen Küste zu suchen? Natürlich kann es auch einfach sein, dass die Mannschaft am Bord des U-Boots einfach nur zu viel Wodka getrunken hatte und daher ausversehen in fremde Gewässer gelangte. Diese These scheint aber mehr als gewagt. Da der russische Machtapparat unter Putin eine Beteiligung dementiert, wird wohl ein dichter Nebel – wie er häufig über der Ostsee zu finden ist – über der ganzen Geschichte hängen bleiben. Unklarheit ist aber immer gefährlich (Man denke nur an die Biowaffen im Irak, die als Kriegsgrund herangezogen wurden). Und wer sich die Entwicklungen der letzten Zeit vor Augen führt, den würde eine russische Beteiligung an dem Vorfall auch nicht weiter wundern. Kontinuierlich erweitert die russische Regierung ihre außenpolitischen Ambitionen. Die Einmischung auf der Krim ist sicherlich aus Sicht des Kremls legitim, auf der Basis des Völkerrechts aber nicht. Der Westen sollte sich dennoch in Zurückhaltung üben, war sein Vorgehen 1999 bei der Bombardierung Serbiens zumindest aus völkerrechtlicher Sicht umstritten.

Die Lektion von einem kleinen U-Boot irgendwo in der Ostsee muss nun wohl wie folgt lauten: Deutungshoheit über das Völkerrecht besitzt immer derjenige, der am meisten Macht besitzt. Dies gilt für Individuen genauso wie für Staaten. Die USA und ihre offenkundige Schwäche bieten Russland Spielraum für die Durchsetzung eigener Interessen. Dass dieses Spiel aber eine hohe Sprengkraft besitzt, sollte die globale Staatengemeinschaft mehr denn je auf die Grundsätze des Völkerrechts verpflichten. Denn die Lehren des Kalten Krieges, einer Welt in ständiger Nähe des Abgrunds, sollten allen trotz der Feierlichkeiten zum Mauerfall frisch im Kopf bleiben. Verständigung nicht Abgrenzung ist die Zauberformel. Die auf dem Gipfel der G-20 in Erwägung gezogenen Sanktionen gegen Russland sind möglicherweise nicht der richtige Weg.  Aber auch Putin sollte klar sein, dass man nur gemeinsam stark sein kann. Werden diese Prinzipen nicht in höchsten Ehren gehalten, geht mit Sicherheit mehr baden als nur ein kleines U-Boot: nämlich die globale Sicherheit. Und diese sichert den Wohlstand bedeutend mehr als eine Halbinsel im Schwarzen Meer.



Konstantin Stamm ist Student der Politik- und Geschichtswissenschaften an der CAU Kiel. Forschungsschwerpunkte im Master sind wirtschaftsnahe Themen wie die Entwicklung von Arbeitslosigkeit in OECD-Staaten oder der Zusammenhang zwischen Demokraftieform und Umverteilungspolitiken.

3 Kommentare:

  1. Ein weiterführender Artikel zu dem Thema ist heute in der Newsweek erschienen. Thema ist die Bedrohung der baltischen Staaten durch russisches Militär und Propaganda. Auch die Schweden bzw. das russische Uboot finden Beachtung.

    http://www.newsweek.com/tiny-baltic-states-prepare-hit-back-mighty-russia-285264

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  2. Was im Wasser möglich ist, geht auch in der Luft....

    http://www.newsweek.com/sweden-says-commercial-flight-has-near-collision-russian-military-aircraft-291805?utm_medium=email&utm_source=emea-email&=

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