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Mittwoch, 10. Dezember 2014

Die maritime Strategie der Afrikanischen Union



Das 21. Jahrhundert wird oft als ein „maritimes Jahrhundert“ bezeichnet, da die Weltmeere angesichts des stetig voranschreitenden Prozesses der Globalisierung zunehmend an Bedeutung gewinnen. So werden bspw. über 90% der Güter im Welthandel über Seewege transportiert. Mit der wachsenden Bedeutung der Weltmeere nehmen auch die Herausforderungen zu, die mit ihnen verbunden sind: Maritimer Terrorismus, Piraterie, illegale Migration und Menschenhandel über See sowie der Wettlauf um Rohstoffe und Energie sind hierbei nur einige Beispiele. Diese und andere Herausforderungen haben in den vergangenen Jahren zunehmend die politischen Agenden von Staaten und internationalen Organisationen bestimmt. Die Europäische Union (EU) reagierte angesichts dieser Entwicklung im Juni 2014 mit der Inkraftsetzung der „European Union Maritime Security Strategy“ (EUMSS). Weniger bekannt ist, dass auch die Afrikanische Union (AU) zu Beginn dieses Jahres erstmals eine maritime Strategie beschlossen hat – nachdem das Maritime lange nur eine untergeordnete Rolle auf der Agenda der AU gespielt hat. Dabei betrachten die Mitgliedsstaaten der AU die „2050 Africa’s Integrated Maritime Strategy“ (AIMS) und den dazugehörigen „Plan of Action“ als ein Instrument, um Afrikas maritimen Herausforderungen im Bereich Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit begegnen zu können. Begleitet werden soll die neue maritime AU-Strategie durch eine panafrikanische „No-more-sea-blindness“-Kampagne. Unter anderem wurde im Rahmen dieser der Zeitraum 2015–2025 zur „Dekade der afrikanischen Seen und Ozeane“ erklärt und der 25. Juli zum „Afrikanischen Tag der Seen und Ozeane“.    

 
           
Die AIMS betrachtet die afrikanischen Binnengewässer und die Weltmeere zusammen als zentrale Säule der ökonomischen und sozialen Entwicklung der AU-Mitgliedsstaaten. Voraussetzung für die Bekämpfung von Armut und Unterentwicklung ist dabei auch die Förderung einer nachhaltigen „blauen Ökonomie“, die den ökologischen Aspekten des maritimen Raums einen hohen Stellenwert zuschreibt. Ziel der AIMS ist die Entwicklung eines umfassenden Verständnisses für bestehende und zukünftige (gemeinsame) Herausforderungen der afrikanischen Staaten im maritimen Raum. Diese Herausforderungen umfassen verschiedene Dimensionen: ökonomisch, ökologisch, sozial sowie die Sicherheits-Dimension. Der Experte für maritime Sicherheit in Afrika, Jan Stockbruegger, betrachtet die AIMS „als einen wichtigen Bestandteil Afrikas maritimer Sicherheitsinfrastruktur und als einen Versuch, eine kohärente afrikanische maritime Sicherheitsgemeinschaft unter der strategischen Führung der AU aufzubauen und zu stärken“. Um die AIMS umzusetzen werden in ihr die Etablierung neuer politischer Konzepte, Agenturen und Koordinationsmechanismen vorgeschlagen. Beispiele für entsprechende Projekte sind die Einrichtung einer gemeinsamen exklusiven afrikanischen maritimen Zone, einer Arbeitsgruppe der Kommandierenden der afrikanischen Marinen und/oder Küstenwachen sowie eines regionalen maritimen Hauptquartiers oder auch der Aufbau eines gemeinsamen afrikanischen Forschungsinstitutes für den maritimen Raum.         
    
Als Bedrohungen im maritimen Raum identifiziert die AIMS insbesondere transnational organisierte Kriminalität; illegale, nicht gemeldete und nicht regulierte Fischerei; Umweltverbrechen, wie die Verklappung von Giftmüll; Naturkatastrophen, Schädigungen der Umwelt sowie den Klimawandel. Unter transnational organisierte Kriminalität subsumiert die AIMS Geldwäsche, illegalen Handel mit Waffen und Drogen, Piraterie und bewaffneten Raub auf See, maritimen Terrorismus sowie Menschenhandel und -schmuggel. Ferner wird in dieser Auflistung auch das häufig an den Küsten der Staaten Westafrikas beobachtbare Problem der illegalen Ölbunkerung und des Rohöldiebstahls genannt – bekanntestes Beispiel hierfür ist das Nigerdelta.
           
Die Erfahrung zeigt, dass die auf den ersten Blick als regionale Phänomene erscheinenden Herausforderungen im Bereich maritime Sicherheit überregionale Ursachen und Auswirkungen haben können. Ein Beispiel hierfür ist die Piraterie am Horn von Afrika. Zum einen hat die Piraterie in dieser Region globale Auswirkungen; zum anderen wird das Erstarken der dortigen Piraterie in den 2000er Jahren auch darauf zurückgeführt, dass illegale Fischereiaktivitäten sowie die Verklappung von Giftmüll vor den Küsten Somalias den örtlichen Fischern ihre ökonomische Grundlage entzogen hat. Um ihre wirtschaftliche Existenz zu sichern sind manche dieser Fischer in der Folge auf das „Geschäftsmodell“ Piraterie umgestiegen. Für die illegale Fischerei und die Giftmüllverklappung wurden Wirtschaftsakteure aus Asien aber auch aus Europa verantwortlich gemacht.   

 
           
Angesichts gemeinsamer Herausforderungen im „maritimen“ 21. Jahrhundert gibt es also viel Potential für den weiteren Auf- und Ausbau enger Koordination und Kooperation zwischen den Regionalorganisationen AU und EU. Eine Zusammenarbeit sollte auf die Lösung bestehender gemeinsamer Probleme und die Etablierung gemeinsamer Präventionsmaßnahmen abzielen. Auf afrikanischer Seite bietet die AIMS hierfür einen guten Ausgangspunkt. Allerdings wird, angesichts der schwachen Ressourcenlage der Staaten auf dem afrikanischen Kontinent, für die Umsetzung der AIMS ohne Zweifel internationale Unterstützung notwendig sein – vor allem finanziell, aber auch im Bereich Know-how. Aus Sicht Europas sollte eine solche Unterstützung als Investition für die Stärkung der eigenen maritimen Sicherheit angesehen werden.   

Kai Strell ist Student im Masterstudiengang „Internationale Politik und Internationales Recht“ an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Seine Schwerpunkte sind humanitäres Völkerrecht und Seerecht sowie Frieden und Sicherheit in Afrika. Herr Strell war studentischer Mitarbeiter des Instituts für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel (ISPK) und hält Vorträge zur politischen Bildung.

Montag, 8. Dezember 2014

Google, hilf uns! – Das Projekt Global Fishing Watch im Kampf gegen illegale Fischerei


Eine illegale Fischereiflotte aus China flieht vor südkoreanischer Küstenwache
Quelle: Dong-A Ilbo/AFP ImageForum/Getty Images

Wie lecker Fisch in allen seinen Varianten ist, wird einem gourmetarisch erst so richtig bewusst, wenn man sich die verschiedenen Gerichte ins Kopfkino holt. Ob klassisch Scholle Finkenwerder Art mit Krabben und Speck oder moderne Küche aus Asien im Stile von Sushi: ohne Fisch geht es nicht. Und doch sind 90% der globalen Fischbestände stark befischt oder bereits überfischt. Entwickelt sich dieser Negativtrend  weiter – in den 70ern waren nur 60% in diesem Ausmaß befischt – sieht die Zukunft der Ressource Fisch nicht sehr rosig aus. An welchen Punkten könnte man ansetzen, damit die Fischerei auf ein nachhaltiges Level kommt? Fische sind herausragend in ihrer Bedeutung für die Gesundheit der Ozeane – Stichwort Marine Sicherheit - und somit sehr schützenswert. Welche Strategien bestehen, um Fischkonsum auch in Zukunft garantieren zu können?
Ein denkbarer Ansatzpunkt ist die Bekämpfung der illegalen Fischerei, welche alarmierende Ausmaße erreicht hat. Ein krasses Beispiel dieser Entwicklung ist etwa  der Kriminelle Deutschrusse Sergey Darminow, welcher 450 Millionen-$ mit Schwarzfischerei (Krabben) umgesetzt hat und von Interpol gesucht wird. Schätzungen zu Folge gehen 15% des gesamten Weltfangs auf Schwarzfischerei zurück. In Tonnen ausgedrückt: 26 Millionen. Ein Haufen Fisch, der kriminelle Aktivitäten finanziert und Anreize bietet, abseits von legalen Methoden das eigene Glück zu verfolgen.

Entwicklung des WC (World-Catch: globale Fischfangmenge) und des IUU-Anteils (Illegal, unreported, unregulated fishing). Laut Schätzungen der FAO -  Food and Agriculture Organization of the United Nations - bewegt sich der Anteil zwischen 14 und 33%. 


Das Projekt Global Fishing Watch

Ins Leben gerufen wurde das Projekt von Google, Skytruth (Digitales Mapping ganzer Landschaften) und Oceana (Gruppe aus der Meeresschutzlobby). Ziel des Ganzen ist eine erhöhte Transparenz der weltweiten Fischerei zu erreichen. Mit Hilfe einer Online-Plattform soll sich Jedermann zu jeder Zeit über alle globalen Fischereiaktivitäten ein Bild verschaffen können. Der Zweck des Projekts ist die Aufrechterhaltung der Fischbestände und somit der Schutz des Ökosystems Ozean.

Anhand der von den Automatic Idenfication Systems (AIS) – jedes kommerzielle Schiff besitzt dieses Funksystem, welches von der IMO als verbindlicher Standard seit dem Jahre 2000 angenommen worden ist - gesendeten Informationen lassen sich Standorte eines jeden Schiffes bestimmen. Das Tool bereitet diese zu interaktiven Karten auf, die es ermöglichen einzelne Schiffe zu verfolgen oder Fischereiaktivitäten im Zeitverlauf darzustellen. Das System wird unter anderem bereits seit Längerem von der Internetseite marinetraffic.com erfolgreich verwendet.

„Piraten, Ahoi!“ oder besser „Aufgepaßt, ihr Schwarzfischer der Meere!“


Dank des Tools lassen sich illegale Fischerei-Aktivitäten ganz bequem vom PC-Bildschirm aus feststellen. Vorausgesetzt das Schiff ist mit einem AIS ausgestattet. Ist dies der Fall können Privatleute, NGOs oder Küstenwachen Schwarzfischern leichter das Handwerk legen. Denn Marineschutzgebiete können überwacht oder das Ansammeln von Schiffsflotten bestimmter Länder – welche unter dem Vorwurf der illegalen Fischerei stehen (Rote Liste der EU) -  kontrolliert werden.

Die Kehrseite der Medaille

Allerdings ist dieses Tool natürlich nicht ganz unumstritten. Google, wahrscheinlich größter Datensammler der Welt, steht nicht selten unter Verdacht Datenschutzrechte zu verletzen. Das Projekt Global Fishing Watch bildet hier keine Ausnahme. Ist das AIS eines kommerziellen Schiffes an, lässt es sich verfolgen. Die Frage, die sich also stellt, ist wie immer die gleiche, wenn es um das Thema Überwachung geht: Rechtfertigt der gute Zweck – Schutz der globalen Fischbestände - die Mittel – Überwachung aller kommerziellen Schiffe?

Wenn mich jemand fragen würde, dem würde ich ohne Sekunde zu überlegen antworten: Ja! Denn die Gesundheit großer Teile der Weltbevölkerung steht auf dem Spiel und auch viele der kulinarischen Genüsse, die uns das Meer beschert.


Konstantin Stamm ist Student der Politik- und Geschichtswissenschaften an der CAU Kiel. Forschungsschwerpunkte im Master sind wirtschaftsnahe Themen. Etwa die Entwicklung von Arbeitslosigkeit in OECD-Staaten oder der Zusammenhang zwischen Demokraftieform und Umverteilungspolitiken.