Mittwoch, 31. Dezember 2014

UNCLOS und die USA – a never-ending story?

Auch wenn den Vereinigten Staaten ihre alleinige Seeherrschaft allmählich streitig gemacht wird und mit dem Aufstieg Chinas vom Anbruch des pazifischen Jahrhunderts gesprochen werden kann, sind die USA weiterhin eine Ordnungsmacht der Weltmeere. Seit Mitte der neunziger Jahre ist einer der Kernbestandteile der US-Politik im Südchinesischen Meer die Einhaltung des internationalen Rechts und insbesondere die Wahrung der Prinzipien des Seerechtsübereinkommens (UNCLOS). Das hört sich sehr vernünftig an, denn mit mittlerweile 166 Vertragsstaaten sollte man auch im Südchinesischen Meer nicht umhinkommen UNCLOS zu beachten. Wenn man sich die Liste der Vertragsparteien des Seerechtsübereinkommens anschaut, fühlt man sich bestätigt: alle Anrainerstaaten des Südchinesischen Meeres gehören dazu. Man kann sogar einen Schritt weitergehen und das Ostchinesische Meer, das heutzutage aufgrund von Inselstreitigkeiten zunehmend in den Fokus der Weltöffentlichkeit rückt, unter die Lupe nehmen. Auch hier wurde UNCLOS von nahezu allen betroffenen Staaten ratifiziert. Doch ausgerechnet die USA, die die Wahrung der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens fordern, sind nicht auf der Liste der Vertragsparteien vorzufinden. Doch was hielt und hält die USA bis heute davon ab der Konvention beizutreten und welche Vor- und Nachteile könnten den Vereinigten Staaten aus einer Ratifikation erwachsen? 

Mehrere Anläufe zur Ratifikation
Die ursprüngliche Haupstorge der USA: eine Internationale
Meeresbodenbehörde zur Umverteilung maritimer Ressourcen
(Quelle:http://commons.wikimedia.org/)

Bereits gegen Ende der Vertragsverhandlungen zum Seerechtsübereinkommen zeichnete sich ab, dass die Vereinigten Staaten der Konvention in ihrer damaligen Form nicht zustimmen werden. Während der Großteil des Vertragstexts auf Völkergewohnheitsrecht fußt und folglich auch in den USA Akzeptanz findet, stießen die UNCLOS-Bestimmungen zum Tiefseebergbau auf Ablehnung. Inakzeptabel für die USA waren die Vorgaben zur Umverteilung der Gewinne aus dem Tiefseebergbau, die sich aus dem Status des Tiefseebodens als gemeinsames Erbe der Menschheit ableiten lassen. „The United States is deeply concerned about the grave dangers of legitimizing this socialist concept by signing the LOS Treaty.” Dass diese Redistribution der maritimen Ressourcen durch eine internationale Behörde als „inefficient international bureaucracy“ erfolgen sollte, sorgte für weiteren Unmut. Den fundamentalen Sorgen der USA begegnete man 1994 durch Vertragsänderungen. Diese veranlassten viele Industriestaaten, die ihre Zustimmung bisher aus ähnlichen Erwägungen verweigert hatten, zur Ratifikation von UNCLOS. Noch im selben Jahr legte Präsident Clinton die Konvention dem Senat vor. Trotz mehrerer Kongressanhörungen und der Empfehlung des Auswärtigen Ausschusses des Senats scheiterte das Vorhaben. Seither wurden sowohl unter der Bush- als auch unter der Obama-Administration mehrere Anläufe unternommen, dem Seerechtsübereinkommen beizutreten. Obwohl es eine parteiübergreifende Unterstützung für das Vorhaben gibt, ist UNCLOS seit genau zwei Jahrzehnten vor dem Senat anhängig. Zuletzt wurde die Debatte 2012 wieder aufgegriffen, allerdings ohne Erfolg. Doch welche Einwände werden von den heutigen UNCLOS-Gegnern hervorgebracht, wenn die ursprünglichen Bedenken gegen die Konvention bereits durch die 1994-er Vertragsänderungen zerstreut wurden?

Vorteile und (vermeintliche) Nachteile eines UNCLOS-Beitritts

Auch die U.S. Marine befürwortet den Beitritt zu UNCLOS
(Quelle:http://commons.wikimedia.org/)
Bis heute wird gerne und oft der potentielle Souveränitätsverlust heraufbeschworen, den die USA aufgrund der weitreichenden Kompetenzen der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA) erleiden würden. Dieser Einwand wird durch die 1994-er Vertragsänderung entkräftet, die den USA im Falle einer Ratifikation eine Vetoposition bei der ISA zusichert. Diese Diskussion dreht sich streng genommen gar nicht um das  Vertragsregime von UNCLOS, sondern widerspiegelt eher eine generelle Debatte in den USA, die zwischen den Souveränitätsanhängern und den Internationalisten geführt wird. Nach dem zweiten, etwas nebulösen Argument sollten die USA dem Seerechtsübereinkommen fernbleiben, da sie sich ungewollt an die in den vergangenen Jahren von China betriebene Interpretation des Übereinkommens binden würden. Jeder, der etwas von Völkergewohnheitsrecht versteht, wird wissen, dass eine einseitige Auslegung allein, ohne eine gängige Staatenpraxis und einer zusätzlichen Rechtsüberzeugung nichts bewirken kann. Selbst wenn dem so wäre, könnten die USA außerhalb des Konventionsrahmens herzlich wenig dagegen unternehmen. Abgesehen davon, dass die geäußerten Bedenken unbegründet zu sein scheinen, verkennen die UNCLOS-Gegner die wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Vorteile eines Beitritts zur Konvention. Zwar beteuern sie, dass der Ressourcenabbau sowohl am erweiterten Festlandsockel als auch auf dem Tiefseeboden ohne UNCLOS-Beitritt möglich sei. Diese vermeintlichen Chancen werden jedoch aufgrund eines unsicheren Investitionsklimas nicht genutzt. Doch nicht nur die Wirtschaft beklagt bestehende Rechtsunsicherheiten, auch die Marine fordert aus denselben Gründen den Beitritt zur Konvention. Dieser Beitritt liegt gemäß dem Auswärtigen Ausschuss des Senats sogar „profoundly in the national interest“. In einem Sonderbericht des US-amerikanischen Think Tanks Council on Foreign Relations wird en Detail ausgeführt, warum diese Aussage durchaus der Realität entspricht. Auf der Hand liegt, dass die Forderung nach multilateralen Lösungsansätzen im pazifischen Raum, um die chinesische Seeherrschaft in Balance zu halten, durch das unilaterale Handeln der USA untergraben wird. Fakt ist des Weiteren, dass durch das Fernbleiben von UNCLOS die ohnehin brüchige Führungsrolle der USA im Pazifik von ihren Alliierten und strategischen Partnern noch stärker angezweifelt wird.  

Dóra Simon ist Studentin im Masterstudiengang "Internationale Politik und Internationales Recht" an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel mit den Schwerpunkten Europäische Integration sowie Völkerstrafrecht.

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