Sonntag, 11. Januar 2015

Der explosive Streit um ein paar kleine unbewohnte Inseln im Ostchinesischen Meer



Senkaku nennen sie die Japaner, Diaoyu die Chinesen.
Gemeint ist aber in beiden Fällen ein und dieselbe kleine Inselgruppe zwischen Japan und der Volksrepublik China in der Nähe von Taiwan.
Bei diesem Streit wird häufig von einem der explosivsten maritimen Konflikte unsere Zeit gesprochen. 

Wie kam es zu diesem Konflikt?

China erhebt auf Grund historischer Aspekte Anspruch auf die kleinen Inseln. So argumentiert die Regierung der VR China die Inseln seien erstmals im 14. Jahrhundert (zur Zeit der Ming-Dynastie) von chinesischen Seeleuten schriftlich erwähnt worden und später wiederholt als Teil des Kaiserreichs beschrieben worden. Dies allein sei schon ein Beleg dafür, dass China hier schon zu jener Zeit ausreichend seine Ansprüche geltend gemacht hätte. Des Weiteren hätte im 18. Jahrhunderts eine indirekte Anerkennung Japans der Inseln als zu China gehörig stattgefunden. Die Beweise für all dies sind aber durchaus als dünn und vielseitig      interpretierbar anzusehen.                                             Quelle:http://commons.wikimedia.org 

Darüber hinaus gelten hier rechtlich keine vagen „historischen“ Ansprüche, sondern das Recht. Da Japan im ersten Chinesisch-Japanischen Krieg offiziell Anspruch (mit einer entsprechenden rudimentären Besiedelung durch Gebietsmarken) erhoben hat, stehen die Inseln ihm zunächst auch zu. Im Laufe der Jahre hat Japan einige der Inseln als offizieller Besitzer an eine Privatperson verkauft.

Wie kommt China aber trotzdem dazu die Inseln für sich zu ein zu fordern?

Das Verhältnis zwischen Japan und China ist von jeher emotional aufgeladen.
So lamentiert man in China immer noch Japan habe ihnen im ersten und zweiten Chinesisch-Japanischen Krieg schwere Demütigungen zugefügt, die bis heute nach hallen würden. Einige von Japan in diesem Krieg begangenen Kriegsverbrechen (wie etwa das Massaker von Nanking oder die Versuche an chinesischen Zivilisten in der Mandschurei zur Weiterentwicklung von biologischen Waffen) blieben bis heute weitestgehend unaufgearbeitet und sorgten so für ein dauerhaft angespanntes Verhältnis zwischen den Staaten. Es wird von chinesischer Seite aus häufiger von einer bisher nicht eingelösten Schuld der Japaner gesprochen.

Darüber hinaus sehen sich die beiden Länder von jeher auf vielen Feldern als massive Konkurrenten. Gerade die militärische Konkurrenz führt seit Jahren zu einem wechselseitigen Bedrohungsgefühl. Ihre Kriegsgeschichte wirkt bis heute nach. Das Beispringen der USA als „Schutzmacht“ Japans wird als Erweiterung dieser Bedrohung betrachtet.

Die Wahrnehmung der Bevölkerung der jeweils anderen kann schlicht als bedenklich eingestuft werden. So hat eine Umfrage der Zeitung „China Daily“ und des japanischen Think Tanks „Genron“ im letzten Jahr aufgezeigt, dass die Anzahl der Personen, die die jeweils andere Bevölkerung mit sehr negativen Attributen assoziieren sich um 9/10 bewegen. Dies zeigt die Gefahren der Rivalitäten und Konflikte der beiden Länder auf- sie bewegen sich nämlich nicht nur auf der politischen Ebene, sondern sind auch in den Gesellschaften beider Länder tief verankert. 

So zeigt der Fall einer chinesischen Kindergärtnerin im letzten Jahr wie explosiv die Gefühle die man füreinander hegt schon sind: Im Rahmen einer Schulaufführung hatte sie unabsichtlich ein altes japanisches, anstatt eines chinesischen Marschlieds verwendet. Der Proteststurm der hierauf folgte nahm überwältigende Ausmaße an. Sie verlor nicht nur ihren Job, das Pekinger Erziehungsamt sah sich auch genötigt alle Lehrer und Kindergärtner der Region eindringlich daraufhin zu weisen ihr „politisches Bewusstsein“ bei all ihren Erziehungstätigkeiten einzubringen. Sogar die Kleinsten müssen hier schon auf bestehende Feindbilder genormt werden.

Zu einer ersten Zuspitzung des Konfliktes um die Inseln kam es erstmals gegen Ende des ersten Japanisch-Chinesischen Krieges, als Japan auf den Inseln Hoheitsmarken aufstellte und sie somit offiziell als japanisch deklarierte, womit China natürlich nicht einverstanden war. Zu dieser Zeit stand aber vor allem der territoriale Ausbreitungsgedanke im Vordergrund, heutzutage lauern hier ganz andere umkämpfte Schätze.

Nach der Kapitulation Japans im Zuge des Zweiten Weltkrieges wurden die Inseln im Rahmen des Friedensvertrages unter US-amerikanische Militärverwaltung gestellt. Da die VR China nicht an den Verhandlungen zu diesem Vertrag beteiligt wurde und sie ja auch schon im Vorhinein ihre Ansprüche aufgezeigt hatte, legte sie umgehend ausdrücklichen, wenn auch vergeblichen Protest gegen diese Entscheidung ein.
1970 gaben die USA die Inseln vollends an Japan zurück.
In den Jahren 1968/1969 wurden rund um die eigentlich als weitgehend wertlos eingestuften Inseln Anzeichen auf mögliche Erdöl- und Erdgasvorkommen entdeckt. Somit wurden die Inseln, die zuvor eher auf Grund ihrer Lage für Schifffahrtswege und darüber hinaus vielleicht noch in Bezug auf Fischbestände interessant schienen noch einmal deutlich aufgewertet. Das, und vermutlich auch Gedanken des Machtgebarens gegenüber China führte dann auch dazu, dass sich Japan entschloss einer der veräußerten Inseln wieder zurück zu kaufen. 

Im letzten Jahr erreichte der Konflikt einen neuen Höhepunkt
Die chinesische Regierung hatte in einer einseitig getroffenen Entscheidung ihre Luftverteidigungszone (ADIZ: air defense indentification zone) bis über die Inselgruppe hinaus erweitert. Sie überlappte nun die koreanische und eben auch die japanische und führte so zu erneuter Unruhe. 
Die VR China wollte hiermit durchsetzen, dass jeder Überflug der Inseln vorher bei ihnen angekündigt oder angefragt werden müsse. Ein eindeutiges Besitzgebaren, dass eine Änderung des Status quo (also der Inseln als japanisches Territorium) herbeiführen sollte.
Die japanische Regierung teilte daraufhin allen, diese Region überfliegenden Airlines mit dies schlichtweg zu ignorieren, was sie mittelfristig dann auch taten und ließ sich auch ansonsten nicht von dieser Geste beeindrucken.

                                                Quelle: http://commons.wikimedia.org
Die amerikanische Regierung sprang Japan bei der Ablehnung dieser chinesischen Anordnung bei und überflog ohne jegliche Anmeldung oder Vorwarnung die Inselgruppe mit zwei unbewaffneten B-52-Bombern – eine Reaktion von chinesischer Seite blieb glücklicherweise aus. Aus Washington hieß es zu dieser doch eigentlich sehr eindeutig Machtzurschaustellung bloß, man habe ein schon länger geplantes Routinemanöver durchgeführt. Welcher Routine dies folgen soll sei mal dahin gestellt.

Kann diese amerikanische Aktion als Hinweis dafür gesehen werden, dass diese Region als    immer instabiler, gefährdeter angesehen wird und ein Eingreifen nötig macht?

Fakt ist, dass die USA bereits häfiger in den letzten Jahren deutlich gemacht haben, dass das Sicherheitsabkommen, welches sie mit Japan abgeschlossen haben die Senkaku-Inseln ganz klar als japanisches Territorium miteinschließt. 

Inwieweit die USA sich aber weiterhin einbinden lassen würden, falls China seinen Druck doch noch weiter erhöhen sollte, darüber kann natürlich nur spekuliert werden. Zu bedenken ist hier natürlich auch, dass die USA auch einige Abhängigkeiten mit China verbinden. Man bedenke nur, dass sie nach wie vor als größter Schuldner des Landes auftreten. Es bleibt zweifelhaft ob die USA als Aggressor gegen ihren bedeutendsten Gläubiger agieren würden.

Der Führungswechsel in China im vorletzten Jahr und die Unterhauswahl in Japan im letzten  haben weiter zu einer Verfestigung des Konfliktes beigetragen- anstatt zu versuchen diesen Konflikt diplomatisch aus der Welt zu Räumen waren beide Regierungen in der Position innenpolitisch Stärke demonstrieren zu müssen, was eine Entschärfung des Konfliktes weiter erschwerte.

Positiv zu vermerken ist aber, dass sich die Regierungschefs beider Länder im Rahmen des APEC-Gipfels Ende letzten erstmals offiziell und öffentlich getroffen haben, wenn dieses Treffen auch mit wenig Herzlichkeit einherging, scheint es doch einen wichtigen Schritt zu markieren.

Ob sich dieser Territorialkonflikt im neuen Jahr wieder abkühlen lässt oder doch weiter verschärfen wird bleibt abzuwarten…




K.Busch ist Studentin im Masterstudiengang Politikwissenschaft (Modernes Regieren) und International Vergleichende Soziologie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.